Zurück

21.05.2025

Nordrhein-Westfalen: Geändertes Kommunalwahlrecht verfassungswidrig

Die Ersetzung des bisher bei Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen angewendeten Sitzzuteilungsverfahrens nach Sainte-Laguë durch ein Quotenverfahren mit prozentualem Restausgleich (so genanntes Rock-Verfahren) ist nicht mit Verfassungsrecht vereinbar. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) des Landes auf die Anträge verschiedener kleinerer Parteien festgestellt. Das neue Wahlrecht verletze deren Rechte auf Chancengleichheit als politische Partei und auf Gleichheit der Wahl.

Mit der Einführung des Rock-Verfahrens hatte der Landesgesetzgeber extreme Verzerrungen der Sitzzuteilung sowie überproportionale Rundungsgewinne kleiner Parteien reduzieren und dadurch die Erfolgswertgleichheit der Stimmen gegenüber dem bisher angewandten Divisorverfahren mit Standardrundung nach Sainte-Laguë/Schepers verbessern wollen.

Diesen Systemwechsel bei der Sitzzuteilung rügte der VerfGH als sachlich nicht gerechtfertigt. Der Landesgesetzgeber könne sich nicht auf seine Gestaltungsfreiheit berufen. Denn diese sei durch eine Rechtfertigungslast eingeschränkt. Dieser sei der Landesgesetzgeber nicht nachgekommen.

Die Modifizierung führe zu einer (zusätzlichen) Erfolgswertungleichheit, ziele aber nicht darauf, eine im bisherigen Berechnungsverfahren angelegte, aber über das Normalmaß hinausgehende Ungleichgewichtigkeit zu beseitigen. Die Neuregelung benachteilige kleinere Parteien systematisch, indem sie Aufrundungsgewinne allein den großen Parteien zuweist und Abkehr nimmt von dem zuvor allgemein als ausgewogen beschriebenen System, bei dem es mehr oder weniger zufallsabhängig gewesen sei, ob einer Partei "Rundungsglück" oder "Rundungspech" zuteil wurde.

Die (zusätzliche) Erfolgswertungleichheit des modifizierten Sitzzuteilungsverfahrens hielt der VerfGH auch nicht deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, weil dafür ein "zwingender" Grund vorläge.

Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 20.05.2025, VerfGH 101/24, VerfGH 114/24, VerfGH 118/24, VerfGH 124/24 und VerfGH 7/25